Irgendwann war da nur noch Angst… Angst, dass die Liste irgendwann fertig ist. Angst davor, dass immer mehr Sachen schwinden und nichts mehr zum Anfassen bleibt. Die Wohnung weg, das gemeinsame Auto weg, Emma nur noch selten, das gemeinsame Armband kaputt… Materielle Dinge sind so verdammt unwichtig, trotzdem sind es nunmal diese Dinge, die sicht-, greif- und erfahrbar sind. Dinge, die man anfassen, sehen, riechen, fühlen und einfach nur anschauen kann. Mittlerweile überwiegt die Freude wieder, diese Liste füllen zu können. Janna bei sich zu haben, mit ihr gemeinsam Dinge zu erleben und ihr Erbe zu vervollständigen… Daher vergebt mir meine Passivität und freut Euch auf ganz viele schöne Dinge, die mittlerweile stattgefunden haben 🙂
Hier ein toller Bericht von Julia, die jede Menge Spaß mit Janna auf dem Jetski hatte 😉
„Liebe Janna,
Über ein Jahr ist nun vergangen seit dem du von uns gegangen bist. Über ein Jahr, in dem ich immer wieder vor hatte, Punkte deiner 100-Dinge-Liste für dich abzuhaken.
Nun ist es tatsächlich vollbracht – am 10. Oktober war ich für dich im wundervollen Miami Beach Jetski fahren. Wie immer lief die ganze Sache nicht reibungslos ab – geplant war es, dies an deinem Todestag für dich zu tun. Leider bin ich wie immer krank geworden und konnte mir diesen Wunsch nicht erfüllen.
Am letzten Tag vor meinem Abflug war es dann aber soweit. Da ich bereits am ersten Tag beim Jetski-Stand nachgefragt hatte, was es kostet und wie es abläuft und der Besitzer seitdem sehnsüchtig auf mich wartete, konnte ich ihn von 80$ pro halbe Stunde auf 45$ Dollar runter“handeln”. Noch dazu wollte er unbedingt mit mir fahren, weshalb wir die gesamte Küste vom 5. bis zum 24. Block lang brausen konnten, statt wie die anderen Kunden nur im abgesteckten Bereich von 2 Blocks.
Und oh Gott Janna – ich bin heilfroh, dass du diesen Punkt in deinem Gesundheitszustand nicht mehr geschafft hast. Jetski fahren ist wirklich kein Zuckerschlecken!! Die ersten Minuten saß ich hinten und der Chef fuhr raus aufs Meer. Wie Männer so sind musste er mir natürlich zeigen was er so drauf hat – meine Reaktion war absolute Panik, ich krallte mich an ihm fest und Tränen stiegen mir in die Augen. Am liebsten hätte ich laut geschrien, dass ich sofort zurück will und der Spaß hier eben aufhört. Er fuhr mit voller Geschwindigkeit über die Wellen raus aufs Meer, fuhr eine scharfe Kurve nach der anderen, dass ich hinten nur so rumflog und mich schon im tiefen Meer ertrinken sah. Ich dachte die Minuten voller Angst ganz fest an dich und stellte mir vor, wie du von oben auf uns herab siehst und dich kaputt lachst. Schadenfreude war bekanntlich deine Spezialität 🙂
Irgendwann fragte er, ob ich nun nach vorne und das Steuer übernehme wolle. Mein erster Gedanke war “NEIN! auf gar keinen Fall!” Als ich jedoch sah, wie weit wir vom Strand entfernt waren und ich unter keinen Umständen auf dieselbe Art und Weise wieder zurückfahren wollte, stieg ich zitternd nach vorne. Der Gedanke daran, ohne selbst gefahren zu sein wieder zurück nach Deutschland zu kommen und den Punkt nicht abhaken zu können, tat sein Übriges.
Sobald ich die Macht über das Jetski hatte, begann dann endlich der wahre Spaß! Ich fühlte mich um einiges sicherer und nach ein paar Minuten testen brauste auch ich auf dem Meer entlang. Kurven fahren wurde zu meiner Spezialität und der Chef musste mich sogar ermahnen, dass ich nicht so schnell fahren solle. Wer hätte das gedacht! Die Krönung des ganzen war eine Riesenschildkröte, die plötzlich direkt neben uns im Wasser auftauchte. Ich ließ abrupt das Gas los, aus Angst sie zu überfahren – der Chef beruhigt mich jedoch, dass die Schildkröte mindestens 10 Meter unter uns sei und es nur wegen dem klaren Wasser so nah aussehen würde. Ich hielt nach weiteren Schildkröten Ausschau, erfuhr jedoch, dass er wöchentlich höchstens einmal eine sehen würde. Welch ein Zufall und Glück, dass gerade ich eine sichten durfte 🙂
Statt den üblichen 30 Minuten, fuhren wir dann sogar 45 Minuten lang Jetski. Was man nicht alles für Vorteile hat.. 😉 Doch alles hat auch seine Schattenseiten und den kleinen Nachteil an der Sache möchte ich dir nicht vorenthalten: Als wir über die Wellen rasten und hoch und runter hüpften, musste ich mir leider sagen lassen, wie toll sich doch mein Hintern anfühlen würde, wenn wir wieder zurück in den Sitz fallen. Ich dachte ich höre nicht richtig und war entsetzt, mir so etwas von einem 50-jährigen auf offenem Meer sagen lassen zu müssen. Geschockt beschloss ich, ab jetzt Wellen zu meiden und nur noch im Schneckentempo zu fahren – was leichter gesagt als getan ist. Ein erneuter Gedanke an dich und diese Julia-typische-Story zum Erzählen, ließ mich diese Dreistigkeit für die letzten Minuten dann doch wieder verdrängen und ich fand zu meinem Spaß zurück.
Zurück am Strand und auf sicherem Boden angekommen, zitterte ich noch eine gute halbe Stunde lang am ganzen Körper vom abfallenden Adrenalin und meiner Anspannung – sehr zur Belustigung der Angestellten. (Dass ich noch Tage danach heftigen Muskelkater hatte, muss ich wohl nicht erwähnen) Nachdem ich die Truppe um Fotos bat, wollten sie natürlich deine Geschichte hören und waren sehr beeindruckt und ergriffen.
Meine Froschkönigin – ich bin unendlich glücklich, diesen Punkt für dich erledigt zu haben. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass du dabei warst und deinen Spaß an dem ganzen Spektakel hattest.“